Bund der Steuerzahler referiert vor SuS der Klassen 12Sta und 12Stb
Sparen und Ver-/erben – beides bedingt sich und hängt, betrachtet man den großen Kontext, auch eng zusammen mit der Haushalts- und Fiskalpolitik der Öffentlichen Hand.
Der komplexen Staatsverschuldung und Steuerverschwendung stehen Forderungen nach Haushaltskonsolidierung und Steuerentlastung entgegen, wie sie beispielsweise vom Bund der Steuerzahler (BdSt) vertreten werden.
Vortrag von RA Martin Frömel:
Am 22.05.2018 referierte auf Einladung von Anne Paulsen RA Martin Frömel, Fachanwalt für Steuerrecht, vor 21 Schülerinnen und Schülern der Klassen 12 Sta und 12 Stb im Rahmen des LF9 „Hilfe und Beratung in Steuersachen“ über Organisation und Tätigkeiten des BdSt und das Erbrecht:
Organisation und Themen des BdSt: Der BdSt wurde 1949 als „Bund der Steuerzahler Württemberg-Baden e. V.“ gegründet. Er ist heute in 15 eigenständigen Landesverbänden organisiert, die gemeinsam den Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. tragen, der wiederum beim Deutschen Bundestag in der Lobbyliste registriert ist. Der BdSt tritt für die Reduzierung der Abgabenbelastung, den Bürokratie- und Schuldenabbau sowie für die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln ein.
Und wer kennt sie nicht, die prominenten Reizthemen: „BER“ oder die defizitären Hessentage in Herborn und Rüsselsheim oder den öffentlich finanzierten Stadionneubau in Offenbach für 25 Mio Euro, dem jährliche Mieterlöse von 480 Tsd Euro gegenüberstehen? Diese und andere Beispiele stehen im Kontrast zu den Haushaltsgrundsätzen, unter anderem der Vollständigkeit, Öffentlichkeit und Sparsamkeit, die allesamt Verfassungsrang haben.
Frömel nannte exemplarisch diese und andere Beispiele für die Verschwendung von Steuergeldern, die im jährlichen Schwarzbuch angeprangert werden, das aber auch Vorschläge unterbreitet, wie Haushaltsmittel alternativ verwendet werden könnten. Beispiele für Einsparungspotenziale kann man zudem auf der Webseite des BdSt finden, die sich unter anderem auf Subventionsabbau und Transferleistungen im Familien- und Sozialbereich beziehen. (vgl.: www.steuerzahler.de/Staatsausgaben/Einsparungen). Weitere Aktionen, so Frömel, “sind die Fortschreibung der Schuldenuhr (zurzeit ./. 78 Euro/sec; Anm. d. Verf.) und der „Steuerzahlergedenktag“, der die zu hohe Steuerbelastung der Bürger beklagt. So musste in 2017 jeder Steuerpflichtige rechnerisch bis zum 19. Juli sein gesamtes Einkommen an den Staat abführen. Anzumerken ist allerdings, dass die Abgaben auch Unternehmenssteuern, Gütersteuern und die Beiträge zur Sozialversicherung umfassen. Außerdem wird als Bezug das Volkseinkommen (2.434 Mrd Euro), die kleinste Größe in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, gewählt, während die Abgabenlast sich auf das höhere Bruttoinlandsprodukt (3.263,4 Mrd Euro) bezieht.
Sinkt die Abgabenlast, steigt das verfügbare Einkommen und damit die mögliche Schenkungs- und Erbmasse. Laut Statistischem Bundesamt betrug in 2011 das Erbe 32 Euro pro Fall; laut FAZ vom 16.6.2011 liegen in nur 0,2% der Fälle die Erbvermögen über 250 Tsd. Euro, bei 28% lag die Summe unter 25 Tsd. Euro. Insgesamt können in den nächsten Jahren über 1 Billion Euro den Eigentümer wechseln (aus Frömel: Erben und Vererben, S. 7).
Erbrecht und Steuern: Egal, ob es dabei um größere oder kleinere Beträge geht: Wichtig ist in jedem Fall die Kenntnis des Erbrechts und der steuerlichen Behandlung, um den Nachlass wunschgemäß zu übertragen. Hierzu gab Frömel einen Überblick über die Grundzüge des Erbrechts:
Er skizzierte die gesetzliche Erbfolge und die Ansprüche des Ehepartners sowie der Kinder, Enkel und Eltern.
Ein Testament, handschriftlich oder notariell beglaubigt, sei stets sinnvoll zur Vermeidung von Erbengemeinschaften und Erbstreitigkeiten. Eine spezielle Rolle spielen dabei auch die Pflichtteilsansprüche im Fall der Enterbung.
Im Testament hat der Erblasser auch die Möglichkeit, mit Auflagen dafür zu sorgen, dass einen Erben bestimmte Pflichten treffen oder bestimmte Handlungen vorzunehmen bzw. zu unterlassen sind, wie zum Beispiel die Auflage an den Chauffeur von Rudolph Mooshammer zur Pflege seines Hundes Daisy.
Das Ziel der Erbschaftsteuer ist die Besteuerung der Bereicherung durch den Erbfall. Dazu wird das vererbte Vermögen bewertet; ausgenommen sind Hausrat und ein Familienheim. Davon werden die Schulden und Beerdigungskosten abgezogen und man erhält den Nettobetrag. Diesem werden Schenkungen der letzten 10 Jahre hinzugerechnet und persönliche Freibeträge (z. B. Ehegatte: 500 Tsd. Euro, Kinder: 400 Tsd Euro) abgezogen. Das Ergebnis ist die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer.
Der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken kann maßgeblich die Höhe der Steuerlast beeinflussen und ist insofern relevant, wenn das Finanzamt einen höheren als den tatsächlichen Wert ansetzen möchte oder die Verteilung mehrerer Immobilien auf die Erben möglichst „gerecht“ erfolgen soll.
Insgesamt, fand Frömel, sei der Verwaltungsaufwand für die Erbschaftsteuer im Verhältnis zum Aufkommen sehr hoch: In 2016: 7 Mrd. ErbSt, im Vergleich dazu 184 Mrd. Lohnsteueraufkommen.
Frömel schloss seinen Vortrag mit dem Aufzeigen der zehn größten Fehler beim Vererben.
Fazit der Schülerinnen und Schüler:
Martin Frömel begeisterte die Schülerinnen und Schüler beider Steuerklassen mit seiner Präsentation. „Der Vortrag war sehr gut und die Inhalte wurden verständlich erklärt“, resümierte Diana Ovakimyan (12Sta). Und Corinna Köhler (12Sta) beeindruckten die vielen Beispielen, anhand derer die Aufgaben und Ziele des Verbandes der Steuerzahler erläutert wurden. Voll des Lobes war auch Moritz Kisseler (12Sta): „Die gut strukturierten Inhalte wurden vom fachlich kompetenter Referenten auf lockere Art präsentiert. Da das Thema „Erbschaft“ während unserer Ausbildung nicht behandelt wurde, bildete der Vortrag eine willkommene, komprimierte Ergänzung zu unseren Ausbildungsinhalten.“ „Besonders überrascht hat mich die Reihenfolge der Erbfolge. Vor allem, wie das Erbe unter den gesetzlichen Pflichterben und denen im Testament ausgewählten Erben aufgeteilt wird“, konstatierte Alina Nesterowska(12Sta).
(Anne Paulsen, Petra Hilbert)