Am 9.10.2014 lud das Schülerteam „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, die sich anlässlich des Interviews mit dem WK spontan den Namen „SOR-Club“ gaben, interessierte Schulklassen zum Film „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ mit anschließender Diskussion des Regisseurs Peter Ohlendorf ein.
Gebannt starrten 800 Augen auf die Leinwand. Mucksmäuschenstill verfolgten Schüler und Lehrer, wie der Journalist Thomas Kuban als Neonazi getarnt, mit versteckter Kamera 10 Jahre lang die Rechtsrock-Szene ausspäht und sich immer wieder fragt: Wie können die brutalen Konzerte mit Singen von verbotenen Liedtexten stattfinden, mitten unter uns? Er dokumentiert, wie die Neonaziszene europaweit auftritt und Musik – Rechtsrock – als Einstiegsdroge zur Radikalisierung Jugendlicher einsetzt und rechtsradikale Ideologien verbreitet; „Rechtsrock ist kein Partyspaß, sondern blutiger Ernst“!
Bei seinen Besuchen auf der Berliner Bundespressekonferenz und auch im Gespräch mit dem damaligen bayrischen Innenminister Beckstein verdeutlicht Kuban, dass die Neonazi-Szene von den Staatsorganen über viele Jahre als eher ungefährlich eingestuft wurde und verdeutlicht die Nachlässigkeit, mit der staatliche Autoritäten mit diesem Phänomen umgingen.
Dass Kuban wegen seines mutigen und gefährlichen Vorgehens seine wahre Identität verbergen muss, ist mehr als verständlich. „Einen Schritt besser zu sein als die Nazis ist seine Lebensversicherung“ so Ohlendorf. Aber als er die Parole der Rechtsrock-Szene „wir müssen den Filmemacher finden und dann schlagen wir ihn tot, ganz langsam, damit es weh tut“ formuliert, sind Schüler und Lehrer entsetzt. Und „der Film zeigt nur die Spitze des rechtsradikalen Eisbergs. Europa driftet nach rechts. Deshalb müssen wir eine Firewall gegen Faschismus aufbauen“ führte Ohlendorf aus.
Eine lebendige Diskussion schloss sich an: Wie arbeitete der Untersuchungsausschuss hinsichtlich der NSU? Wie „ticken“ Rechtsradikale? Sollte die NPD verboten werden? Wie kann es sein, dass ein Bandmitglied der Neonazis tagsüber als angesehener Rechtsanwalt in Robe arbeitet? Wird Ohlendorf auch bedroht? Wie scannt der Berliner Polizeidirektor Tölle bei einer Nazi-Demonstration Rechtsradikale heraus, die verbotene Liedertexte singen? Wie funktioniert das Geschäftsmodell, rechtsradikale Ideologien subtil zu verbreiten? Und vieles mehr!
Zum Abschluss der Veranstaltung stellten sich die Mitglieder des SOR-Clubs noch einmal mit ihrer Arbeit vor und warben in der Schülerschaft um Verstärkung ihres Teams.
Simone Breitsch (Abteilungsleiterin für Interkulturelles Lernen) und Susanne Claßen (Projektleiterin für SOR-SMC) bedankten sich sehr herzlich bei Herrn Ohlendorf für die gute Zusammenarbeit, bei dem SOR-Club (bestehend aus Atakan Biskin, Daniel Kamnitzer, Evangelia Christia, Gabriela Aro, Ilias Amallah, Kais Bahri, Matteo Bentivegna, Maximilian Gruhl und Sofia Fink) für sein Engagement und bei dem Hausmeister der Friedrich-Ebert-Schule für die Installation der gesamten Filmtechnik. Als Nachbereitung zum Film wiesen sie auf die Stellwände hin, an denen die Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken und Meinungen zum Film in Form einer „stillen Diskussion“ festhalten konnten.
Mit den Worten „Aufklärung und Wachsamkeit, das ist der Geist, den wir nach außen tragen müssen“ beendete Breitsch die Veranstaltung.
Meines Erachtens war es ein sehr bewegendes, spannendes und inhaltsreiches Projekt, das sein Ziel erreichte: Schüler für das Thema Rechtsextremismus zu sensibilisieren, damit sie nicht wegsehen, wenn sich in ihrem Umfeld fremdenfeindliche Tendenzen auftun – gerade heute ein hochaktuelles und brisantes Thema, angesichts des NSU Prozesses und den Übergriffen in Flüchtlingsheimen durch Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste.
Die Filmvorführung mit Diskussion ist eine Kooperationsveranstaltung der SDS mit der Jugendinitiative Spiegelbild und dem Kulturzentrum Schlachthof; die Initiative wird gefördert von der Hessischen Landeszentrale für Bildung.
Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden.
(Petra Hilbert)