Notwendig, aber hoffentlich nicht nötig

Bistum Limburg ernennt Thomas Knögel zum Krisenseelsorger für die SDS

Bild1-GratulationMan sitzt im Unterricht und konzentriert sich auf die Inhalte. Oder es ist Schulschluss und die Gedanken kreisen um die letzte Fachkundestunde, die Diskussion mit dem Platznachbarn oder Lehrerkollegen, das kommende EM-Spiel der Lieblingself, vielleicht um die Kleidung für die nächste Party am Wochenende. Dinge, die wir – Schüler- und Lehrerschaft – alle aus dem Alltag kennen und mit denen wir umzugehen gelernt haben.

Und dann plötzlich ist sie da, ohne Ankündigung, ohne Vorwarnung: Die Nachricht vom Unglück, gar Tod eines Klassenkameraden während der Deutsch-Klassenarbeit. Oder man wird unmittelbar Zeuge eines schlimmen Unfalls vor oder in der Schule oder einer Gewalttat mit Schaden für die Gesundheit oder das Leben von Mitschülern, Freunden, Lehrern. Schlimmstenfalls ist man selbst betroffen, Opfer.

Es sind meist nur Augenblicke, einige wenige Sekunden, die so ein schreckliches Ereignis dauert. Wir reagieren reflexartig mit Angst, Ungläubigkeit, Entsetzen, wir erstarren. Und es sind allenfalls ein paar Hundertstelsekunden, in denen sich dieses Ereignis mit seinen schrecklichen Bildern und Geräuschen als Gesamtsituation in unserem Gedächtnis einbrennt. Und sofort danach ist nichts mehr so, wie es vorher war.

Verzweiflung, Lähmung, Wut, Trauer, manchmal Selbstvorwürfe sind die akuten Folgen solcher traumatisierenden Erlebnisse. Und nicht jeder von uns verfügt über Erfahrung oder Strategien, diesen Schockzustand aus eigener Kraft zu überwinden.

In solchen Situationen braucht es jemanden wie Thomas Knögel. Jemanden, der Ahnung hat, einen Profi. Vor allem aber jemanden mit Erfahrung und Herz, der sich um seine Mitmenschen aus tiefster Überzeugung sorgt und kümmert, der zur Stelle ist, wenn es „brennt“, der den Opfern, Beteiligten, Zeugen beisteht, ihnen intensiv zuhört und gemeinsam mit ihnen Angebote entwickelt, um den Schock, die Trauer, das Trauma zu bewältigen und der hilft, einen Pfad in das „normale“ Leben zurückzufinden. Einfach so, aus christlicher Nächstenliebe.

Genau diese Eigenschaften repräsentiert Thomas Knögel und haben ihn bewogen, sich als Krisenseelsorger für die Schulze-Delitzsch-Schule durch mehrere Fortbildungskurse zu qualifizieren. Der Diplomtheologe hatte zuvor eine vierjährige Seelsorgeausbildung durchlaufen und war danach zwei Jahre als Gefängnisseelsorger in einem Erwachsenen- und in einem Jugendgefängnis aktiv, bevor er vor 20 Jahren als Religionslehrer und Schulseelsorger an unserer SDS tätig wurde.

Der Krisenseelsorgekurs wurde als ökumenisches Projekt der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau (EKHN) und den Bistümern Mainz und Limburg für Schulseelsorger und Religionslehrer konzipiert, „die sich im Bereich der Schulpastoral engagieren und einen Schwerpunkt in der Krisenbegleitung setzen wollen.“ (Vgl. Ausschreibungstext Weiterbildungskurs Krisenseelsorge). Seine Finanzierung erfolgte hälftig durch die SDS und das Bistum Limburg.

Die Krisenseelsorge, so Knögel, „bezieht sich darauf, dass ein Mensch oder eine Gruppe so unterstützt und begleitet wird, dass er bzw. sie aus einer Ohnmachtsstarre herauskommt, ohne traumatisiert zu werden.“

Am Ende seiner Weiterbildung stand am 18.06.2016 die Ernennung von Thomas Knögel zum Krisenseelsorger, zusammen mit 17 anderen Teilnehmern; sie wurde im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes, der in der Hauskapelle des Wilhelm-Kempf-Hauses, Tagungsstätte des Bistums Limburg, gefeiert. Geleitet wurde der Gottesdienst von Domkapitular Klaus Foster (Personaldezernent Bistum Mainz) und Probst Oliver Albrecht (Kirchenleitung der EKHN).

Auf dem Altar waren individuelle Gestaltungselemente von jedem Kursteilnehmer um das Licht einer Kerze angeordnet, um der Gemeinde und der betreuten Schule das persönliche Selbstverständnis der Rolle als Krisenseelsorger nahezubringen. Thomas Knögel hatte sich für einen Kopfhörer entschieden, der für ihn zweierlei symbolisiert: „Mit ihm kann man konzentriert und intensiv zuhören. Das Symbol steht für mich für das Wahrnehmen; wie geht es dem Einzelnen, was braucht die Person? Welche Angebote können aus dem Wahrgenommenen entwickelt werden?“, sagte Knögel. Der Kopfhörer böte aber auch die akustische Abgeschiedenheit, beispielsweise Musik zu hören, „die eine Kraftquelle ist, bei der ich auftanke“, fuhr Knögel fort.Bild2-Kopfhörer

Beeindruckt von dem Programm „Krisenseelsorge“ war auch Schulleiter Rainer Strack, der der Ernennung und dem Gottesdienst beiwohnte: „Ich bin angetan, dass die Kirchen Verantwortung übernehmen und Schulen unterstützen. Denn Religion ist in der Berufsschule ein Fach mit weniger Akzeptanz, auch bei den Ausbildungsbetrieben. Dabei ist es ein wichtiges Fach, um frei und offen sprechen zu lernen. Und wenn es dann noch gelingt, wie Herrn Knögel, sich mit viel Einfühlungsvermögen und Vertrauen Zugang zu den einfachen und besonderen Problemen von Schülerinnen und Schülern zu verschaffen, genießt das meine allergrößte Wertschätzung.“

Lieber Thomas Knögel, natürlich wünschen wir Dir am Kopfhörer viele entspannte Stunden mit guter Musik. Sollten im Gegensatz hierzu die Töne dunkler werden und doch einmal eine Krise eintreten, was wir uns natürlich nicht wünschen, sind wir froh, Deine kompetente Hilfe und Unterstützung beanspruchen zu dürfen. Wir sind sicher, dass wir uns dann bei Dir in außerordentlich guten Händen befinden.

Im Namen aller SDS Angehörigen sei Dir für Dein Engagement ganz herzlich gedankt!

(Petra Hilbert)

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