Drei FOS-Klassen nehmen an der Euro-Info-Tour 2016 vom Bundesministerium der Finanzen teil
So kennen wir sie, die EU: Normen für gerade Gurken und krumme Bananen, Begrenzung der elektrischen Leistung von Staubsaugern und Heizdauern der Warmhalteplatten von Kaffeemaschinen auf fünf Minuten. „Alles kalter Kaffee“, denken wir oft, verstehen aber zumindest inhaltlich noch ein bisschen von dem, worum es geht.
Schnell abgehängt sind wir dagegen, wenn wir auf Begriffe wie Euro-Plus-Pakt, Finanzmarktregulierung, Europäischer Stabilitätsmechanismus zur Bankenrettung, Einlagensicherung oder auf das Thema Strategie Europa 2020 mit seinen Zutaten TTIP oder CETA treffen: „Voll krass – keine Ahnung von nix“ denken nicht wenige von uns. Und befinden dann schnell, dass die EU viel zu sehr reglementiert und mit Zahlungen von rund EUR 30 Mrd. p.a. sowieso viel zu viel kostet. Hatten die Leute vom „Splendid Island“ mit ihrer Entscheidung für den Brexit also recht?
Neben solchen Fragen hinterlassen die komplizierten ökonomischen, sozialen und politischen Zusammenhänge in Europa häufig ein Erklärungsvakuum, das Raum für allerlei Interpretation und leider auch Manipulation gibt.
Der Verein „Bürger Europas e.V.“ ist angetreten, hartnäckigen Ressentiments und Vorurteilen gegenüber der EU mit Informationsveranstaltungen zu begegnen, um bestehende Ressentiments abzubauen, Wissenslücken zu egalisieren und die Diskussion über Europa und die EU auf einen fakten- und wissensbasierten Austausch von Argumenten und Standpunkten zurückzuführen.
„Herr Binger – bitte nehmen sie sich des Themas an“ – so ähnlich lautete der Auftrag von Schulleiter Rainer Strack an Ben Binger, die Veranstaltungsreihe „Euro-Infotour 2016“ mit einem Termin an der SDS zu organisieren.
Pünktlich am 28.09.2016 rollte das Euro-Infomobil mit Referent Christoph Krakowiak vom gemeinnützigen Verein Bürger Europas e.V. auf den Schulhof der SDS. Und so konnten ab 8.00 Uhr Schülerinnen und Schüler der 12FOa2, 12FOa9 und 12FOa10 Unterricht mal anders erleben, Unterricht in Form eines interaktiven Quiz. Jeder Teilnehmer erhielt ein elektronisches Abstimmungsgerät, ähnlich einer Fernbedienung, und hatte die Möglichkeit, aktiv an Fragen rund um die EU Finanz- und Wirtschaftspolitik teilzunehmen, sein eigenes Wissen zu überprüfen und die Ergebnisse zu diskutieren. Das später ausgeteilte Informationsmaterial gab die Gelegenheit, die angerissenen Inhalte weiter zu vertiefen.
Aus acht Themenkomplexen wählten die SuS die Bereiche ‚Europa aktuell‘ und ‚Europäische Wirtschaft‘ aus. Und sie erhielten viele interessante Informationen an diesem Tag: Z.B. wie Hilfsprogramme für überschuldete Staaten und Banken aufgesetzt und finanziert werden. Oder warum ein Konkurs dieser Länder und Institute aufgrund bestehender Kapitalverflechtungen die Gefahr weit größerer Insolvenzen in anderen Ländern und Anlegern bedeuten kann. Sie erfuhren, dass Deutschland mit einem Bruttoinlandsprodukt (Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen) von USD 3.357 Mrd. weltweit auf Rang vier liegt und etwa 58% seiner Exporte in EU Länder fließen können, dank fehlender Zölle und unionsweiter Standards für Waren und Dienstleistungen. Angesichts dieser und weiterer immenser Vorteile, Arbeitsplätze und Ausbildung in der EU betreffend, scheint es verkraftbar, dass der Saldo der EU-Beiträge Deutschlands pro EUR 100 seines BIPs gerade mal 56 Cent beträgt.
Und noch einmal zurück zum „Splendid Island“: Wäre die Wahlbeteiligung der 18 – 24 Jährigen, die Umfragen zufolge mehrheitlich gegen den EU Austritt waren, höher als 36% gewesen, wäre das Referendum Großbritanniens zum Brexit anders ausgegangen. Chance vertan. Die Lehre?. Die Gestaltung aller Bereiche von Politik, Wirtschaft und des Gemeinwesens erfolgt gerade durch Teilnahme an Wahlen auf Grundlage umfassender Informationen und Transparenz, besser noch durch aktive Beteiligung in Vereinen, Gruppierungen und Parteien. Und das ist nicht nur ein Spielchen. Wegbleiben, Weggucken und dann einfach Meckern ist keine Option.
Der engagierten Teilnahme der Schülerinnen und Schüler am Euro-Quiz und der organisatorischen Vorbereitung durch Ben Binger gebührt ein großes und herzliches Dankeschön.
(Petra Hilbert)