EU Flüchtlingspolitik im Simulator

Konrad-Adenauer-Stiftung leitet Planspiel für die Klassen 11HH2 und 11BFB

In einem Flugsimulator lernt man, extrem komplizierte, unbekannte und unerwartete Situationen zu beherrschen, sie im Team mit dem Co-Piloten zu meistern. Anderenfalls: Failure causes crash, but survival is guaranteed.

So ähnlich wie den Piloten im Flugsimulator ging es 34 Schülerinnen und Schülern (SuS) am 21.2.2017, als sie auf Initiative von Susanne Vögtler an einem von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) entwickelten und moderierten Planspiel zu dem Thema Migrationspolitik teilnahmen, um dadurch die komplizierten Gesetzgebungsverfahren der EU kennenzulernen.

Ziel der Veranstaltung war, anhand der Migrationsthematik die wichtigsten Organe der EU und ihre Rolle bei der Gesetzgebung zu verstehen und Gesetzgebungsprozesse simulativ anzuwenden.

Zunächst stellte Peter Bauch von der KAS in seinem Initialvortrag die Flüchtlingsproblematik vor und ging dabei besonders auf die Fluchtursachen in den verschiedenen Regionen ein, wie etwa Bürgerkriege, religiös motivierter Terror oder systematische Missachtung von Menschenrechten in Diktaturen und unterlegte das anschaulich mit Zahlen über Flüchtlinge weltweit sowie Asylbewerber in der EU und in Deutschland und deren Fluchtrouten.

Der großen Zahl von Flüchtlingen – in Deutschland in 2015 etwa 1,1 Mio Asylbewerber- steht die Verpflichtung der EU gegenüber, die Gewährung von Flüchtlingsschutz auf Basis der Genfer Flüchtlingskonventionen, der sich auch in der EU-Charta der Grundrechte (Art. 18) oder in unserem GG Art 16a resp. Asylgesetz §§ 3 und 4 wiederfindet, zu gewährleisten. Auf der anderen Seite werden zunehmend Themen wie Rückführungsabkommen, Grenzschließung und Aufnahmelager außerhalb der EU diskutiert, beispielsweise von Ungarn und Österreich.

Bauch erläuterte neben den Rechtsgrundlagen die Herausforderungen der EU Staaten, sich mit ihrer jeweils unterschiedlichen Perspektive und Interessen auf eine unionsweite Zuwanderungspolitik zu verständigen.

Und genau das war nun der Teil, bei dem die SuS den EU-Simulator besteigen mussten: Ein Teil in der Rolle der Kommission, die Gesetzesvorschläge formuliert, ein Teil in der Rolle des Parlaments, das aus vier Fraktionen (realiter 8) und 10 Nationen (realiter 28) besteht und Vorschläge für Richtlinien und Verordnungen (Gesetze) debattiert und ändert, und ein Teil in der Rolle des Ministerrats, kurz Rat, der – zusammen mit dem Parlament – die Richtlinien verabschiedet oder ablehnt.

Die Aufgabe der SuS bestand darin, anhand von Vorgaben zu “ihren” Ländern deren Positionen und Interessen in den Gremien zu vertreten, d.h. bei der Formulierung eines Zuwanderungsgesetzes in der Kommission, bei der Debatte inklusive Änderungsvorschläge im Parlament und bei Verabschiedung im Ministerrat. Das alles ging natürlich nicht ohne Debatten, Austausch von Standpunkten und Argumenten ab, bis eine mehrheitsfähige Lösung gefunden war oder der Gesetzesantrag mangels Einigung abgelehnt wurde.

Die SuS haben aus diesem Szenario Vieles mitnehmen können:

Sie konnten erfahren, dass Einigungsprozesse in komplexen Strukturen aufwändig sind und Zeit kosten; das hat sicher auch dazu beigetragen, lange Durchlaufzeiten in den EU Gesetzgebungsverfahren besser zu verstehen und zu akzeptieren.

Das Procedere von der Entwicklung eines Gesetzesvorschlags bis zu seiner Verabschiedung hat auch verdeutlicht, dass demokratische Entscheidungen breit diskutiert und die Interessen aller bestmöglich berücksichtigen müssen, um tragfähig zu sein; mit anderen Worten, dass Demokratie gerade nicht die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit ist. Das ist nach meiner Meinung der größte Gewinn dieser Veranstaltung.

Man sieht: Der EU-Simulator unterscheidet sich fundamental vom Flugsimulator: Lange Entscheidungsprozesse vs. sofortige Reaktionen. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten vs. ultimative Manöver. Dedizierte Nachjustierungen vs. finalem Crash.

Schön, dass die EU-Simulation für die SuS schnell zum Sichtflug wurde und viele bleibende Erkenntnisse und Eindrücke hinterlassen hat.

Der Konrad-Adenauer-Stiftung, insbesondere Herrn Dr. Thomas Ehlen sei herzlich für dieses tolle Programm und die professionelle Unterstützung bei seiner Durchführung an unserer Schule gedankt. Ebenso danken wir dem Referenten und Politikwissenschaftler Peter Bauch für die Gestaltung der Veranstaltung und Kollegin Susanne Vögtler von „Schule ohne Rassismus-Schule mit Courage“ für die Organisation des heutigen Tages.

(Petra Hilbert)

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