Abteilungsleiter Torsten Roggan im Interview
Zum Abschluss des Schuljahres 2016/17 wurden die schriftlichen Prüfungsaufgaben in den Fachoberschulen erstmalig hessenweit einheitlich und zentral gestellt. Betroffen sind neben den allgemeinbildenden Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik auch sämtliche fachrichtungs- und Schwerpunkt bezogenen Fächer.
Na prima – keine Arbeit mehr mit dem Erstellen der Prüfungsaufgaben inklusive Lösungen. Prüfungsarbeiten vom Kultusministerium entgegennehmen, austeilen und schreiben lassen. Fertig. So einfach ist das also mit der Umstellung! Oder doch nicht?
Wie aufwendig und komplex die Verfahrensumstellung war, schilderte der Abteilungsleiter der FOS an der SDS, Torsten Roggan, in einem Interview am 14.06.2017. Um den reibungslosen Wechsel für immerhin 276 FOS Absolventen sicher zu ermöglichen, mussten alle Informationen zur Zentralen Abschlussprüfung (ZAP) in Bezug auf zum Beispiel geänderte Prüfungsformalia, zugelassene Hilfsmittel oder audiobasierte Englisch-Prüfungen an das Kollegium im FOS-Bereich kommuniziert werden; darüber hinaus war die Beschaffung von Geräten und Stauraum für die Unterrichtsmittel erforderlich. Hinzu kam die mit erheblichem Aufwand verbundene Raumplanung, da die SchülerInnen im Fach Englisch je einen eigenen Prüfungsraum benötigten.
Große Unterstützung erfuhr Torsten Roggan durch Christiane Müller vom Sekretariat und von Dieter Keßler, der insbesondere die Prüfungspläne und –Aufsichten erstellte. Aber auch alle anderen Kolleginnen und Kollegen waren stets bereit, anzupacken und zu helfen, wo immer es ging.
Ohne das vorbildliche Engagement von Torsten Roggan wäre die Umstellung keinesfalls so reibungslos verlaufen. Hervorzuheben ist, dass alle Aktivitäten parallel zur Leitungs- und Unterrichtsarbeit liefen, wie auch für das gesamte FOS-Kollegium.
Dafür gebührt allen Lehrerinnen und Lehrern der Fachoberschule ein herzlicher Dank.
(Petra Hilbert)
Das nachfolgende Interview mit Torsten Roggan gibt einen detaillierten Einblick in die Umstellung samt einer pädagogischen Bewertung:
Hilbert: Welche Gründe gab es, die zur Einführung FOS-ZAP’17 geführt haben?
Roggan: Das weiß ich gar nicht genau. Ich vermute, es hat damit zu tun, dass wir sowohl beim mittleren Abschluss (Realschule), als auch beim Abitur bereits Zentrale Abschlussprüfungen haben (Realschule seit 2003). Aus dieser Perspektive macht eine ZAP beim „zweithöchsten“ Schulabschluss auch Sinn.
Hilbert: Wie bewertest Du aus Deiner Perspektive die Einführung der ZAP?
Roggan: Unter den o.g. Gesichtspunkten macht eine ZAP im Bereich FOS durchaus Sinn. Allerdings werden die Schwerpunkte im Bereich der Fachoberschule, z.B. Gesundheit, Bautechnik, Wirtschaft & Verwaltung in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathematik vernachlässigt.
Hilbert: Welche Aufgaben und Änderungen folgten hieraus für Dich als Leiter der FOS?
Roggan: Insbesondere mussten die Informationen zur ZAP an die KollegInnen transportiert werden. Auch Prüfungsformalia haben sich geändert und mussten angepasst werden. Es kommt z.B. ein Prüfungsteil zum Hörverstehen in Englisch vor; hier mussten die Englisch-KollegInnen CD-Spieler kaufen. Wir mussten auch – entsprechend der geforderten Kriterien – neue Fremdsprachenwörterbücher anschaffen. In Mathematik war eine eingeführte Formelsammlung anzuschaffen. Damit die Unterlagen und Hilfsmittel nicht nur in der Prüfung zur Verfügung stehen, sondern auch im Unterricht genutzt werden können, haben wir uns dazu entschieden, in jedem Klassenraum einen Wandschrank einzurichten, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden und schnell darauf zugegriffen werden kann.
Während der Prüfungstage musste das Sekretariat ständig auf Änderungsinformationen achten, die vom Kultusministerium per E-Mail mitgeteilt wurden und die Rücksprache von Schulleitung mit der Lehrkräfteakademie und dem Ministerium organisieren.
Hilbert: Wie verlief Deiner Meinung nach die Umsetzung der FOS-ZAP’17?
Roggan: Die Umsetzung verlief insgesamt gut. Zwar kamen manche Informationen des Kultusministeriums sehr kurzfristig, die meisten Informationen wurden aber rechtzeitig bekanntgegeben, so dass ich mich als Abteilungsleiter mit Absprache des Sekretariats und auch aller KollegInnen gut auf die Neuerungen und insbesondere den geänderten Prüfungsablauf einstellen konnten.
Hilbert: Wie viel Klassen und SuS der SDS nahmen erstmalig an derFOS-ZAP’17 teil?
Roggan: Dieses Jahr gingen 12 FOS12 Klassen unserer Schule mit insgesamt ca. 276 SchülerInnen in die Prüfung.
Hilbert: Was waren die größten Änderungen und Herausforderungen für unsere FOS-KollegInnen und wie meisterten sie sie?
Roggan: Die größten Änderungen lagen einmal bei den Prüfungsaufgaben. Diese wurden zentral gestellt und keiner wusste, welche Inhalte größere und welche geringere Bedeutung haben würden. Insbesondere im Schwerpunkt „Wirtschaft und Verwaltung“ ist die Stoffmenge schon erheblich. Im Schwerpunkt ergab sich zusätzlich die Schwierigkeit, dass keine wirtschaftliche Formelsammlung benutzt werden durfte. Dies war absolut neu für uns – und auch nicht ganz nachvollziehbar, zumal eine Formelsammlung in Mathematik erlaubt war. Im Fach Mathematik kam neu hinzu, dass der erste Prüfungsteil ohne Hilfsmittel geschrieben wurde. Im Fach Englisch gab es zum ersten Mal einen Teil „Höhrverstehen“. Hier mussten die Schüler jeweils in einem eigenen (Klassen)raum die Prüfung absolvieren – was bei unserer Größe der Fachoberschule durchaus als eine erhöhte logistische Anforderung darstellt. Zudem mussten neue CD-Spieler für den Teil des Höhrverstehens und eine komplett neue Sammlung Fremdsprachenwörterbücher gekauft werden. Die vorhandenen Fremdsprachenwörterbücher genügten nicht den im Prüfungserlass geregelten Anforderungen. Wir haben in allen Prüfungsräumen abschließbare Wandschränke eingerichtet, in denen die benötigten Materialien deponiert sind, so dass man jederzeit darauf zugreifen kann.
Beim Prüfungsablauf war neu, dass die SchülerInnen jeweils zwischen zwei Aufgabenvorschlägen wählen konnten. Nach einer Einlese- und Auswahlzeit mussten sie sich entscheiden und es wurde der nicht ausgewählte Vorschlag von der Aufsicht eingesammelt. Auf diese Neuerung haben wir in der Regel mit doppelten Aufsichten reagiert. Die Doppelbesetzung hat sich auch deshalb gelohnt, da Fragen der SchülerInnen zu Prüfungsaufgaben von den KollegInnen schneller beantwortet werden konnten.
Hilbert: Wer hat Dich bei der Umstellung besonders unterstützt?
Roggan: Besonders hervorheben möchte ich Christiane Müller vom Sekretariat. Die Vorbereitung in einer Dimension wie sie unsere Fachoberschule hat, ist alles andere als einfach. Durch sie hat der Ablauf reibungslos geklappt. Sie denkt einfach auch richtig gut mit. Wenn ich einmal etwas vergessen hatte, hat sie nochmal nachgefragt oder bereits selbst daran gedacht.
Auch Dieter Keßler hat mich bei der Vorbereitung hervorragend unterstützt. Insbesondere wenn es um die Erstellung der Prüfungsaufsichten und die Pläne der Erst- und Zweitkorrekturen ging, haben wir gut zusammengearbeitet, ebenso bei der Organisation und Herrichtung der Prüfungsräumlichkeiten.
Natürlich müssen auch die vielen anderen KollegInnen erwähnt werden, die aktiv und mit vielen Rückfragen im Vorfeld Probleme adressiert und auch gelöst haben.
Alles in allem hatten wir als Team eine hervorragende Zusammenarbeit und dadurch den gemeinsamen Erfolg.
Hilbert: Welches Resümee ziehst Du nach dem ersten Durchlauf der FOS-ZAP’17?
Roggan: Ich denke, dass die FOS-ZAP im Prinzip ein nachvollziehbarer Abschluss für die FOS ist, wenn man, wie beim mittleren Abschluss und beim Abitur auch, hessenweit vergleichbare Prüfungssituationen schaffen möchte. Einen Schwachpunkt sehe ich darin, dass der berufliche Schwerpunkt nur noch im Bereich des Schwerpunktes eine Bedeutung bekommt. In den allgemeinbildenden Hauptfächern konnten sonst ebenfalls schwerpunktangelehnte Aufgaben eingebracht werden.
Hilbert: Welche Vor- bzw. Nachteile siehst Du heute bei der FOS-ZAP für die Schülerschaft und das Kollegium?
Roggan: Als Vorteile sehe ich, dass man sich als Lehrer auf den Lehrplan konzentrieren kann und muss. Dazu gehört sicher auch, dass eine Jahresunterrichtsplanung immer sinnvoller erscheint. Vorteil für uns als Kollegium ist sicher auch, dass wir keine Prüfungsaufgaben mehr erstellen müssen. Dies wird uns abgenommen.
Als große Herausforderung für die Schüler sehe ich, dass viele Aufgaben in Richtung Verstehen gehen. Es reicht in Zukunft nicht mehr, nur Abläufe oder Schemata zu beherrschen. Allerdings, und das ist wiederum ein Vorteil, sollen die ehemaligen Prüfungsaufgaben zur Vorbereitung den KollegInnen und SchülerInnen im Internet zur Verfügung gestellt werden.
Hilbert: Glaubst Du, dass die Leistungsfähigkeit durch ZAP gesteigert wird, weil ein Leistungsvergleich landesweit möglich wird?
Roggan: Das glaube ich eher nicht. Meiner Meinung nach werden Erfolge bei den SchülerInnen insbesondere durch Zielfindungsprozesse, Individualisierung und kontinuierliche Begleitung im Lernprozess möglich.
Hilbert: Siehst Du die Gefahr, dass durch die ZAP im Unterricht das tiefe, selbstständige Erarbeiten von Problemen und Inhalten verloren geht und somit die Fähigkeit, die für ein Studium notwendig wäre, in der FOS nicht eingeübt werden kann?
Roggan: Ich denke schon, dass es teilweise problematisch sein kann, alle Inhalte in der – auch je nach Schuljahr – begrenzten Zeit zu vermitteln. Ich kann mir vorstellen, dass wir im Kollegium Lernbausteine entwickeln, die es den SchülerInnen ermöglichen sollen, sich möglichst eigenständig und unter individuellem Lernfortschritt und -tempo die Lerninhalte anzueignen.
Hilbert: Torsten, ich danke Dir für dieses Gespräch.