Schülerinnen und Schüler der 10Sta und 10Stb auf Exkursion im Finanzamt Frankfurt am Main II
Beitreibung von Steuerschulden und Haftungsbescheiden ganz ohne Gerichtsbeschluss mit eigenem Personal – geht das denn? Was ein wenig an das Vorgehen privater Inkassounternehmen erinnert, ist höchst rechtmäßig und im Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) geregelt; die Rechtsgrundlage für die Vollstreckung durch die Steuerbehörden findet sich im § 249 Abgabenordnung (AO). Die Maßnahmen reichen von Vollstreckung in Bankkonten und Forderungen des Steuerschuldners über Pfändung von Vermögenswerten bis hin zur Gewerbeschließung und Insolvenzverfahren. Dabei geraten Arbeitnehmer selten in das Visier der Vollstreckungsbeamten – betroffen sind hauptsächlich Selbstständige und Unternehmer, die wegen nicht oder zu spät gezahlter Steuern keinen Wettbewerbsvorteil ziehen sollen, so die Begründung von Herrn Thomas Paratore von der Vollstreckungsabteilung des Finanzamtes.
Natürlich geht es keineswegs immer so robust zu bei den Steuerbehörden. Das konnten 32 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 10Sta und 10Stb in Begleitung von Annegret Paulsen und Ruth Häfner anlässlich eines Besuches bei dem Finanzamt II der Stadt Frankfurt am Main am 22. März 2016 erfahren:
Nach der Begrüßung durch die Ausbildungsleiterin Frau Verena Leinweber-Schlitzer gab die Ausbildungssachbearbeiterin Frau Bettina Schüffler eine Einführung zum Thema Steuern. Hier konnten die Schülerinnen und Schüler ihr bereits erworbenes Wissen anbringen. Nicht ganz so gut lagen sie bei der Schätzung der Staatsausgaben des Bundes beziehungsweise der Anteile der Einzeletats am Gesamthaushalt.
Sodann erläuterte Frau Schüffler den Aufbau der Finanzverwaltung und des Finanzamtes Frankfurt II. Man solle das Finanzamt auch nicht nur als Institution sehen: „Wir sind auch nur Menschen“, sagte sie. Dass sich das moderne Finanzamt als Dienstleister versteht, wurde bei der anschließenden Besichtigung der Finanz-Servicestelle deutlich. Mit einer Mustereinkommensteuererklärung ausgestattet, konnten die Schülerinnen und Schüler den dortigen Mitarbeitern Fragen zur Bearbeitung der Erklärung stellen. Anschließend konnten sie in der sogenannten Scanstelle verfolgen, wie manuell erstellte, also nicht über ELSTER eingereichte Steuererklärungen eingescannt werden. Nach dem Scannen werden die Daten der Erklärung in einem Datensatz gespeichert. Daraus wird ein vorläufiger Steuerbescheid generiert, der vom Sachbearbeiter abschließend geprüft wird. Die Prüfung des Musterbescheides konnten die Schülerinnen und Schüler online am Beamer verfolgen. Die Erstattung im Musterbescheid in Höhe von rund 1.800 € hätten sie natürlich gerne auf ihr Konto ausgezahlt bekommen…
Abschließend referierte Außenprüfer Herr Christian Müller über seine Tätigkeit, bei der die Angaben von Steuerpflichtigen vor Ort überprüft werden. Wird der bilanzierte Pkw tatsächlich im Betrieb eingesetzt oder nutzt ihn die Ehefrau des Betriebsinhabers privat? Werden Gewinne auch in dem Kalenderjahr angesetzt, in das sie wirtschaftlich gehören oder werden sie aus steuertaktischen Gründen verschoben? Besonders interessierte die Schüler, inwieweit der Betriebsinhaber ein Auskunftsverweigerungsrecht hat und wie das Verhandlungsklima zwischen Unternehmer und Steuerberater auf der einen Seite und dem Betriebsprüfer auf der anderen Seite ist.
In der Schlussaussprache bedankte sich Frau Leinweber-Schlitzer für das Interesse der Schule am Finanzamt. Mit Infomaterial und Gummibärchen in Paragrafenform – also Gummiparagrafen im engsten Sinn des Wortes – traten die Schulklassen den Heimweg an.
Mit welchen Verfahren, Abläufen und Verwaltungsakten das Finanzamt den Steuern auf der Spur ist, hatten die Referenten des Finanzamts eindrucksvoll vorgestellt.
Mit dem Besuch waren aber auch die Schülerinnen und Schüler selbst der Steuer auf der Spur, und das mit vollem Erfolg: „Man hat einen schönen Einblick in den Ablauf und die Bearbeitung von Steuererklärungen bekommen“, meinte Jannik Dannewitz (10 Stb) und Jennifer Settle (10 Stb) fand die „Referenten und Mitarbeiter nett und hilfsbereit“, „denn es wurde auf alle Fragen und Anmerkungen eingegangen“ ergänzte Carolin Diefenbach (10 Stb). Michelle Hofmann (10 Sta) fand den Bericht des Vollstreckungsbeamten sehr interessant. Dass es noch mehr Einblicke in die Arbeit anderer Stellen des Finanzamtes, z. B. die Veranlagungsstellen, hätte geben können, wünschten sich Hilal Kus und Carolin Müller (beide 10 Sta) „Die Veranstaltung war vom Finanzamt gut vorbereitet und abwechslungsreich gestaltet“, resümierte abschließend Moritz Kisseler (10 Sta).
So gesehen war der Besuch des Finanzamts eine tolle Idee, seine Vollstreckung ein voller Erfolg.
Allen Initiatoren und Unterstützern ein herzliches Dankeschön.
(Annegret Paulsen und Petra Hilbert)