Drei InteA-Klassen gestalten und organisieren Weihnachtsmarkt an der Schulze-Delitzsch-Schule
Weihnachtsmarkt: Das ist Glühwein, Apfelpunsch, Crêpes, Maronen. Aber süßer Käik, Basbuse, salziger Gabanica und schwarzer Tee, gewürzt mit Kakadeh? Nie gehört!
Genau so ging es den Besuchern des Adventsbasars, der von 22 Schülerinnen und Schülern (SuS) aus drei InteA-Klassen am 30.11.2016 im Foyer der Schulze-Delitzsch-Schule für die gesamte Schulgemeinschaft ausgerichtet wurde.
Neben selbst gebackenen Kuchenspezialitäten aus Afghanistan, Syrien und Serbien wurden individuell gebastelte Adventskränze zum Verkauf angeboten. Der Erlös soll die Klassenkasse aufbessern, um den InteA-Schülern Besuche zu interessanten wirtschaftlichen und kulturellen Einrichtungen im Umkreis zu ermöglichen.
Na ja, eine nette Idee, aber eigentlich nichts Besonderes, wird sich so mancher gedacht haben.
Das Gegenteil ist der Fall. Dieser Adventsbasar, der unter Leitung von Anne Friedrichs durchgeführt wurde, repräsentiert im Kontext der muslimischen, hinduistischen und jesidischen Religionszugehörigkeit der SuS und des Lehrauftrags für Integrationsklassen sehr viel Symbolik und Pädagogik.
Und so eröffnete Schulleiter Rainer Strack den Basar mit folgenden Worten:
„Der Adventskranz, der 1839 vom Theologen Johann Hinrich Wichern eingeführt wurde, ist das Symbol der Vorweihnachtszeit. Das Licht steht für Leben und Erwartungen ans Leben, der Kranz für den Erdkreis und die vier Himmelsrichtungen aus denen Menschen zusammenkommen und das Grün ist die Farbe der Hoffnung.“ An die SuS der InteA-Klassen gerichtet fuhr er fort: „Der Kranz symbolisiert, dass Sie aus allen Herrenländern kommen. Und mit dem Licht, das Sie anzünden, soll Ihre Hoffnung, dass dies hier auch bald Ihr Land sein wird, erfüllt werden. Wir wollen sie unterstützen, dass Sie sich wohlfühlen.“
Und die Pädagogik, unser Kerngeschäft, kam bei diesem Basar wirklich nicht zu kurz: Es ging um Sozialverhalten einüben, Kultur erleben, Sprache anwenden, Kreativität beweisen, Demokratie erfahren und Nachhaltigkeit praktizieren.
Sozialverhalten: Der vormittägliche Adventsbasar bot zuvorderst allen SuS aus den Voll- und Teilzeitbereichen und den InteA-Klassen, die stets nachmittags unterrichtet werden, einander in Kontakt zu kommen, Wahrnehmung zu generieren. “Der Basar soll Annäherung schaffen, Vorurteile abbauen und das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Integration im Schulleben verbessern” erläuterte Anne Friedrichs.
Brauchtum: Die überwiegend moslemischen SuS hatten die Gelegenheit, mit dem Adventsbasar die deutsche bzw. christliche Weihnachtstradition kennenzulernen. Auch das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach gehörte während der Bastelarbeiten dazu.
Sprache: Das Thema “Verkaufsgespräch”, das im Unterricht theoretisch vermittelt wurde, konnte praktisch angewendet und umgesetzt werden. Der Adventsbasar involvierte die SuS direkt, erzeugte dadurch Interesse, was das (Sprachen)lernen begünstigt.
Kreativität: “Ganzheitliches Lernen mit Kopf, Herz und Hand” lautete das Motto von Anne Friedrichs. Der Adventsbasar möchte dem Kreativbedürfnis der SuS genügen und so den fehlenden Kunstunterricht kompensieren. “Aufgabe der Lehrkraft ist es”, führte sie weiter aus, “kreative Inseln zu schaffen, die für den Entwicklungsweg Heranwachsender wichtig sind.”
Demokratie: Im Rahmen der Vorbereitungen mussten die SuS im Team gemeinsam am Projekt “Adventsbasar” arbeiten. Sie besorgten das Material für ihre Strohkränze und verteilten folgende Aufgaben nach Wunsch und Fähigkeiten: Buchhaltung, Einkauf, Kuchenbacken, Design von Werbeflyern und -plakaten sowie Preisschildern mit und ohne PC. Notwendige Abstimm- und Entscheidungsprozesse fördern Argumentationsfähigkeit, Respekt vor anderen Meinungen und das Entwickeln von konsensualen Lösungen, gemeinhin also Demokratieverständnis und Teamfähigkeit.
Nachhaltigkeit: Da die SDS “Umweltschule” ist, leisteten die SuS einen Beitrag zur „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“, so Anne Friedrichs, “indem sie bewusst auf Kunststoffe verzichteten und nur mit Naturmaterialien arbeiteten.”
Und so konnte Anne Friedrichs resümieren: “Die SuS zeigten ein überdurchschnittliches Engagement mit hoher Lernmotivation, leisteten Überstunden, bewiesen gutes Sozialverhalten und Spaß an der Arbeit. Es entstand ein Wir-Gefühl.”
Wer hätte gedacht, dass sich in einem Adventsbasar so viele pädagogische Ansatzpunkte verbergen und unsere Weihnachtstradition sich so hervorragend mit dem Integrationsgedanken verknüpfen lässt.
In diesem Sinne sei Frau Friedrichs und ihren engagierten Schülerinnen und Schülern für einen ungewöhnlichen Adventsbasar herzlich gedankt.
(Petra Hilbert)
Der Adventsbasar fand statt mit freundlicher Unterstützung von:
- Gärtnerei Kalmenhof, Idstein
- Marvis Floral Art und Design, Idstein
- Tegut, Hünstetten Kesselbach
- Wiegandt Gemüsebau, Büttelborn